Das Unbekannte am Gravitationswellen-Himmel verstehen

Das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik ist eine der vier Partnereinrichtungen des internationalen Konsortiums GWSky, das vom Europäischen Forschungsrat 12 Millionen Euro erhält, um ein tieferes Verständnis von Gravitationswellen zu entwickeln.

5. November 2024

Bestehende und zukünftige Gravitationswellen-Observatorien werden Signale so genau beobachten, dass sie darin mögliche Abweichungen von Einsteins Relativitätstheorie und dem Standardmodell der Teilchenphysik aufspüren können. Um diese einzigartige Fähigkeit der Messgeräte voll auszuschöpfen, sind grundlegende Fortschritte in der theoretischen Beschreibung von Schwarzen Löchern, der von ihnen abgestrahlten Gravitationswellen, ihrer kosmischen Umgebung und der Physik jenseits des Standardmodells notwendig. Um den erforderlichen theoretischen Rahmen dafür zu schaffen fördert der Europäische Forschungsrat das Vorhaben GWSky in den kommenden sechs Jahren mit insgesamt 12 Millionen Euro. Der Synergy Grant des Europäischen Forschungsrats umfasst vier Einrichtungen: das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) im Potsdam Science Park, das Niels-Bohr-Institut, Kopenhagen, die SISSA (Scuola Internazionale Superiore di Studi Avanzati), Triest, und die Universität von Kalifornien, Los Angeles.

Ziel des Projekts „Making Sense of the Unexpected in the Gravitational-Wave Sky“ (GWSky) ist es, die Messungen von Gravitationswellen durch bestehende und zukünftige Observatorien auf der Erde und im Weltraum als Präzisionslabore für die Grundlagenphysik, die Kosmologie und die Astrophysik zu nutzen. Dies umfasst die derzeitigen Instrumente der LIGO-Virgo-KAGRA-Kollaboration ebenso wie die geplanten Observatorien Cosmic Explorer und das Einstein-Teleskop auf der Erde und den Weltraumdetektor LISA.

Zukünftige Beobachtungen werden es uns ermöglichen, Signale nachzuweisen, die hundertmal schwächer sind als die derzeit messbaren. Das wird unweigerlich zur Entdeckung von Anomalien und Abweichungen von heutigen Vorhersagen führen. „Selbst winzige Abweichungen von der allgemeinen Relativitätstheorie hätten tiefgreifende Auswirkungen auf unser Verständnis der Physik. Um solche Abweichungen zu belegen, müssen jedoch zunächst die Beiträge der astrophysikalischen Umgebung, instrumentelle Artefakte und systematische Unsicherheiten bei der Modellierung herausgefiltert werden“, sagt Alessandra Buonanno, Direktorin am AEI im Potsdam Science Park und eine der vier hauptverantwortlichen Forscher*innen des Projekts.

Um das volle Potenzial zukünftiger Beobachtungen auszuschöpfen, wird das Projekt GWSky auf den aktuellsten Fortschritten und dem weltweit führenden Fachwissen der leitenden Forschenden und ihrer Teams aufbauen. Mit diesem Know-how in den Bereichen Astrophysik, Modellierung der Quellen, Teilchenphysik und allgemeine Relativitätstheorie wollen die Wissenschaftler*innen einen bahnbrechenden methodischen Rahmen entwickeln. Damit werden sie Einsteins komplexe Gleichungen lösen, Gravitationswellen mit beispielloser Genauigkeit vorhersagen und aus diesen Ergebnisse praktische Werkzeuge zur Interpretation der Daten erstellen.

Bemerkenswerterweise erhält das AEI Potsdam in diesem Jahr zwei Synergy Grants (GWSky und MaScAmp). Insgesamt haben Forschende des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik bisher sechsmal Fördermittel in verschiedenen Förderlinien vom Europäischen Forschungsrat eingeworben.

„Das Projekt GWSky wird bedeutenden Einfluss auf die Gravitationswellen-Forschung haben. Es wird uns ermöglichen, die Eigenschaften der Quellen von Gravitationswellen mit einer Genauigkeit zu bestimmen, die nur durch Messunsicherheiten begrenzt ist, und möglicherweise neue und unerwartete Phänomene in unserem Universum zu entdecken“, erläutert Buonanno.

Synergy Grants des Europäischen Forschungsrats

Der Europäische Forschungsrat vergibt Synergy Grants für wissenschaftlich exzellente Forschungsprojekte in einem aufwändigen und kompetitiven Auswahlverfahren. Die Förderung läuft über sechs Jahre und ist in der Regel mit maximal 10 Millionen Euro dotiert. Zusätzliche Mittel können für projektrelevante Großgeräte beantragt werden. Gefördert werden Projekte, in denen zwei bis vier hauptverantwortliche Forschende (Principal Investigators, PIs) zusammenarbeiten. In der aktuellen Auswahlrunde fördert der Europäischen Forschungsrat von 548 eingereichten Forschungsanträgen aus allen Wissenschaftsbereichen 57 Projekte. Dies entspricht einer Erfolgsquote von 10,4 Prozent.

Das Projekt GWSky wird mit insgesamt 11,98 Millionen Euro gefördert, davon gehen 3,27 Millionen Euro an die Abteilung „Astrophysikalische und Kosmologische Relativitätstheorie“ am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik im Potsdam Science Park.

Neben Alessandra Buonanno sind die weiteren PIs dieses Synergy Grants:

  • Enrico Barausse, SISSA (Scuola Internazionale Superiore di Studi Avanzati), Triest, Italien
  • Zvi Bern, Universität von Kalifornien, Los Angeles, USA
  • Maarten van de Meent, Niels-Bohr-Institut, Kopenhagen, Dänemark

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