Neue Entdeckungen in Sicht – Gravitationswellen-Observatorien haben bereits 200 Signalkandidaten beobachtet
Forschende am AEI haben zu diesem Erfolg beigetragen.
Während des laufenden vierten Beobachtungslaufs (O4) hat das internationale Netzwerk der Gravitationswellen-Observatorien LIGO, Virgo und KAGRA 200 mögliche Signale identifiziert. In den vorherigen Beobachtungsläufen wurden insgesamt 90 Signale nachgewiesen. Die neuen Kandidaten werden nun gründlich untersucht. Sie wurden auch sofort über die GCN Circulars der NASA an Astronom*innen in aller Welt gemeldet. Die Forschungscommunities sind nun gespannt auf aufschlussreiche neue Informationen über Schwarze Löcher, Neutronensterne und die Entwicklung unseres Universums.
Wissenschaftler*innen am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut; AEI) und an der Leibniz Universität Hannover, darunter auch viele Doktorand*innen und Postdoktorand*innen, haben zu diesem Erfolg beigetragen.

AEI-Forschende entwickelten ausgeklügelte Wellenformmodelle. Sie dienen dazu, echte kosmische Quellen von zufälligen Schwankungen des Rauschens und irdischen Störsignalen im Detektor zu unterscheiden. Diese Modelle wurden verwendet, um GW230529 und dessen besonderen Eigenschaften, insbesondere die Massen nachzuweisen und zu untersuchen. Es ist das einzige Ereignis von den 200 Kandidaten, das bisher veröffentlicht wurde.
Ein weiteres am AEI entwickeltes Wellenformmodell, das den Effekt der Modenasymmetrie und den daraus resultierenden „Kick“ berücksichtigt, kommt bei der Analyse zum Einsatz. Einige Doppelsysteme Schwarzer Löcher senden Gravitationswellen nicht symmetrisch aus. Dadurch erfahren die bei solchen Verschmelzungen entstehenden Schwarzen Löcher einen Rückstoß – auch „Kick“ genannt. Der Nachweis solcher Effekte in den Signalen kann dazu beitragen, mehr astrophysikalische Informationen über die verschmelzenden Schwarzen Löcher zu erhalten.
Am AEI entwickelte Verfahren zur Parameterschätzung, die auf neuronalen Netzen basieren, können die Eigenschaften von Verschmelzungen Schwarzer Löcher schnell und genau ermitteln. Forschende am AEI haben ihren Code zur Analyse einiger der 200 Signalkandidaten verwendet. So verbessern sie dessen Genauigkeit und Effizienz und stellen sicher, dass er höchsten wissenschaftlichen Standards entspricht und gleichzeitig die Gravitationswellen-Astronomie erheblich beschleunigt.
Hochpräzisionslaser: Wissenschaftler*innen des AEI haben das vorstabilisierte Hochleistungslasersystem für Advanced LIGO bereitgestellt und Upgrades für die derzeit in den LIGO-Instrumenten verwendete Hauptlaserquelle entwickelt und getestet. Darüber hinaus basiert die Verstärkerstufe der aktuellen Laserquellen in den Virgo- und KAGRA-Instrumenten auf Entwicklungen und Tests am AEI Hannover und dem Laser Zentrum Hannover.
AEI-Forschende haben das Wellenformmodell entwickelt, das zum Nachweis von Verschmelzungen zweier Schwarzer Löcher und vonNeutronensternen mit Schwarzen Löchern in sogenannten modellierten Suchen mit Signalschablonen zum Einsatz kommt. Das hochmoderne Wellenformmodell wird auch bei der Untersuchung der Signalkandidaten eingesetzt, um ihre astrophysikalischen Eigenschaften und kosmologische Informationen abzuleiten.
Wissenschaftler*innen am AEI haben mit Signalkandidaten nach Abweichungen von der Allgemeinen Relativitätstheorie gesucht. Dazu analysierten sie die Gravitationswellen, die Paare Schwarzer Löcher und/oder Neutronensterne aussenden, lange bevor sie verschmelzen.
Die AEI-Forschenden verwendeten Signalkandidaten auch, um zu testen, ob sich die Überreste der Verschmelzungen wie Schwarze Löcher nach den Vorhersagen der allgemeinen Relativitätstheorie verhalten. Dafür analysierten sie die Gravitationswellen, die in der letzten, „Ringdown“ genannten Phase der Kollision abgestrahlt werden, wenn das entstandene Schwarze Loch nach der Verschmelzung seinen „Ruhezustand“ einnimmt.