Erfolgreiche deutsch-amerikanische Umweltmission wird mit GRACE-C fortgesetzt

Die nächste Generation des Satellitenpaares wird mit einem hochpräzisen Laserinstrument mit zentralen Beiträgen des AEI Hannover die Folgen des Klimawandels beobachten.

19. März 2024

„Gravity Recovery and Climate Experiment - Continuity“ (GRACE-C) setzt eine mehr als 20-jährige Messreihe des Erdschwerefeldes aus dem All fort. Die Beobachtungen, die unter anderem Untersuchungen des globalen Grundwasserspiegels und anderer Indikatoren des Klimawandels ermöglichen, sind für die Klimaforschung von großer Bedeutung. GRACE-C ist eine Mission der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA. Das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut; AEI) in Hannover ist an der Umsetzung des deutschen Beitrags, der Konstruktion des zentralen laserbasierten Messsystems, beteiligt. Der Start ins All ist für 2028 geplant.

Aus dem All unter die Erdoberfläche schauen

Die Dürren der vergangenen Jahre, sinkende Grundwasserspiegel und Extremwetterereignisse – alles in allem hat Deutschland in den vergangenen 20 Jahren mehr als 15 Milliarden Tonnen Wasser verloren. Um solche Daten zu gewinnen und mit ihnen den globalen Wasserhaushalt und regionale Grundwasserspiegel zu untersuchen, muss man flächendeckend unter die Erdoberfläche schauen – und dies ist nur aus dem All möglich.

„Nur aus der Erdumlaufbahn lassen sich Wasserhaushalt, Grundwasserspiegel und deren Veränderungen sowie andere Indikatoren des Klimawandels global beobachten. GRACE-C wird voraussichtlich ab 2028 eine 2002 begonnene Messreihe dieser Daten fortsetzen. Das ist für die Klimaforschung von unschätzbarer Bedeutung, um langfristige Trends zu erkennen“, sagt Gerhard Heinzel, Leiter der Arbeitsgruppe „Interferometrie im Weltraum“ am AEI Hannover.

GRACE-C soll wie seine Vorgänger GRACE (2002-2017) und GRACE Follow-On (2018-heute) monatlich neue Karten des Erdschwerefeldes erstellen. Dazu umkreist ein Satellitenpaar die Erde in einer Höhe von rund 490 Kilometern über der Erdoberfläche in einem gegenseitigen Abstand von 220 Kilometern. Kernstück der Mission ist die genaue Messung der Abstandsänderungen zwischen den Satelliten. Diese entstehen durch die unterschiedliche Gravitationswirkung von Gebirgen, Eismassen und lokalen Meeres- und Grundwasserspiegeln auf die Satelliten.

Ein zuverlässiges und präzises Laserinstrument aus der Gravitationswellenforschung

An Bord von GRACE Follow-On kam neben dem Mikrowellen-Hauptinstrument erstmals ein Laserinstrument als Technologiedemonstrator zum Einsatz. „Mit dem Laserinstrument, einer Entwicklung aus der Gravitationswellenforschung, messen wir kurzfristige Abstandsänderungen zwischen den Satelliten von GRACE Follow-On auf etwa 200 bis 300 Pikometer genau – das entspricht etwa dem Durchmesser eines einzelnen Atoms“, erklärt Vitali Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe „Interferometrie im Weltraum“ am AEI Hannover. Das ist etwa 5000-mal genauer als die parallel und bisher bevorzugt für solche Satellitenmissionen eingesetzte Mikrowellentechnik und 400-mal genauer als in den Missionsanforderungen für das Laserinstrument spezifiziert.

„Aus den Erfahrungen mit unserem Laserinstrument an Bord von GRACE Follow-On wissen wir, dass laserbasierte Abstandsmessungen zwischen Satelliten im Weltraum über Jahre hinweg absolut zuverlässig und hochpräzise funktionieren. Deshalb wird GRACE-C die Abstandsänderungen ausschließlich mit einem Laserinstrument der nächsten Generation messen“, sagt Gerhard Heinzel.

Bau des zentralen Lasermesssystems

Forschende des AEI sind mit ihrer Expertise am Design des verwendeten Laserinstruments beteiligt und arbeiten dabei eng mit Industriepartnern in Deutschland zusammen. Ein zentraler Teil dieses „Laser Ranging Interferometer“ (LRI) genannten Systems – die optische Bank – stammt von der SpaceTech GmbH in Immenstaad am Bodensee (STI).  Das AEI in Hannover arbeitet eng mit STI zusammen, finanziert Komponenten des Instruments und berät die Deutsche Raumfahragentur im DLR bei technischen Fragen.

„Die Max-Planck-Gesellschaft und das AEI stellen gemeinsam Mittel zur Verfügung, um die wissenschaftlichen Beiträge unseres Instituts zu finanzieren und Teile der Flughardware zu entwickeln und beschaffen, nämlich die Photoreceiver, die das schwache Licht vom entfernten Satelliten empfangen und in elektrische Signale umwandeln“, sagt Guido Müller, Direktor am AEI.

Der Start von GRACE-C ist für das Jahr 2028 geplant. Das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum beim DLR in Oberpfaffenhofen wird die Missionskontrolle übernehmen. Wissenschaftler*innen des AEI werden die technischen Funktionen des LRI während der Betriebsphase der Mission überwachen.

AEI-Wissenschaftler*innen sind außerdem an der Konzeption der Laser-Instrumente einer weiteren Satellitenmission zur Untersuchung des Erdschwerefelds beteiligt. Die europäische Weltraumorganisation ESA plant derzeit eine „Next Generation Gravity Mission“ (NGGM), die wie GRACE-C aus einem Satellitenpaar in einer Erdumlaufbahn, die niedriger als die und geneigt zu der von GRACE-C ist, bestehen soll. Durch die Kombination der Messdaten beider Missionen im Projekt „Mass-Change and Geosciences International Constellation“ (MAGIC) soll die Messgenauigkeit für Änderungen des Erdschwerefelds – sowohl ihre zeitliche als auch ihre räumliche Auflösung – deutlich gesteigert werden.

„Es ist großartig, dass Instrumente aus der Grundlagenforschung, die an unserem Institut für die Beobachtung von Gravitationswellen im Weltraum entwickelt wurden, bereits praktische Anwendungen in der Erdbeobachtung finden und für zukünftige Missionen wichtig sind“, sagt Vitali Müller.

Auf dem Weg zu LISA

Das AEI Hannover spielt zudem eine führende Rolle bei der Entwicklung von Schlüsselkomponenten der Hardware des Laser-Messsystems der ESA-Mission „Laser Interferometer Space Antenna“ (LISA), die Anfang diesen Jahres als dritte der großen Wissenschaftsmissionen im „Cosmic-Vision-Programm“ von der Europäischen Weltraumorganisation angenommen worden und damit in die Konstruktionsphase übergegangen ist.

„GRACE-C wird den Erfolg der Laserinterferometrie zwischen zwei Satelliten fortsetzen und uns weitere wertvolle Erfahrungen für den Betrieb dieser Instrumente im Weltraum auf dem Weg zu LISA liefern“, sagt Gerhard Heinzel.

„Mit LISA werden wir das größte jemals gebaute Laserinterferometer im Weltraum betreiben, bei dem drei Satelliten über Millionen von Kilometern Abstandsänderungen im Pikometerbereich messen, um niederfrequente Gravitationswellen zu beobachten“, ergänzt Karsten Danzmann, Direktor am AEI.


GRACE-C – erfolgreiche Missionsreihe zur Beobachtung unserer Umwelt wird fortgesetzt

Die GRACE-C-Mission ist eine gemeinsame Mission der US-Raumfahrtbehörde NASA  und der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) . Der deutsche Beitrag wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)  und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)  umgesetzt. Dies wird durch Beiträge der Helmholtz-Gemeinschaft (HGF) und der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) auf deutscher Seite unterstützt. Das GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ)  wird dabei für die wissenschaftliche Auswertung der Missionsdaten und das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut)  gemeinsam mit der Firma SpaceTech GmbH in Immenstaad  für die Entwickelung und den Bau der laserbasierten Abstandsmessung zwischen dem GRACE-Satellitenpaar zuständig sein. Die GRACE-C-„Zwillinge“ werden – wie auch schon die Vorgängermissionen GRACE und GRACE-FO – von Airbus in Friedrichshafen  im Auftrag der NASA gebaut. GRACE-C soll im Jahr 2028 an Bord einer Falcon-9-Rakete des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX starten.

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