Neuartiges Laser-Instrument von GRACE-Follow-On misst hochpräzise das Erdschwerefeld
Ein Jahr im Betrieb: das erste Laserinterferometer zwischen zwei Satelliten übertrifft alle Erwartungen und ist ein erfolgreicher Schritt auf dem Weg zur Gravitationswellen-Messung im All mit LISA
Seit Ende Mai 2018 umrunden die beiden GRACE-Follow-On-Satelliten die Erde und vermessen deren Schwerefeld durch die Erfassung ihres gegenseitigen Abstands. Damit überwachen sie regionale Grundwasserspiegel und weltweit Indikatoren des Klimawandels. Neben bewährter Messtechnik kommt dabei seit Mitte Juni 2018 erstmals ein neuartiges Laser-Instrument (Laser Ranging Interferometer) zum Einsatz. Es misst 200-mal präziser und erfasst Änderungen des Abstands von 220 Kilometern auf Atomdurchmesser genau. Nun hat ein internationales Forschungsteam, darunter Forscher*innen des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut / AEI) und der Leibniz Universität in Hannover, erste Ergebnisse zur Inbetriebnahme und Leistungsfähigkeit des Laser-Instruments in der Erdumlaufbahn veröffentlicht. Diese übertreffen alle Erwartungen und zeigen, dass das Instrument perfekt arbeitet.
Nach dem ersten großen Erfolg – dem erfolgreichen sofortigen Einschalten des Laser Ranging Interferometers (LRI) im Juni 2018 – lief das Messinstrument abgesehen von Unterbrechungen im Rahmen des Missionsbetriebs einwandfrei. Kontinuierliche Messungen von mehr als 1000 Umrundungen der Erde zeigen die Verlässlichkeit des Instruments. Schnell reagierende Steuerspiegel sorgen dafür, dass die Laserverbindung währenddessen zwischen den ständig leicht wackelnden Satelliten nicht abreißt. Die gewonnenen Daten nutzte das internationale Team um die Leistung des LRI in der Erdumlaufbahn zu verstehen und zu beurteilen. Die Ergebnisse können sich sehen lassen:
Präzisere Technik für zukünftige Satellitenmissionen
„Das Laser Ranging Interferometer an Bord von GRACE Follow-On funktioniert perfekt – es ist ein Traum! Das Instrument misst Abstandsänderungen zwischen den Satelliten ganz genau, etwa 200-mal präziser als die etablierte Mikrowellen-Technik und damit auch 20-mal präziser als in der Missionsanforderung spezifiziert“, sagt Prof. Gerhard Heinzel, Leiter der Weltrauminterferometrie-Gruppe am AEI und Manager der deutschen Beiträge zum LRI. „Damit können wir nicht nur zukünftige Satellitenmissionen zur Erdvermessung noch genauer machen, sondern bereiten außerdem den Weg zur Gravitationswellen-Messung im All mit LISA.“ Das internationale Forscher*innen-Team hat die Erfolgsergebnisse jetzt in der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht.
„Der Laserstrahl von einem Satelliten muss den anderen ganz genau treffen, damit unsere Abstandsmessung so präzise funktioniert“, erklärt Heinzel. „Anfangs ist der Laser so ausgerichtet, dass er einen Teller auf 100 Meter Entfernung träfe. Für eine erfolgreiche Laserverbindung müssen wir dann eine Zwei-Euro-Münze auf diesem Teller treffen. Wenn der automatische Zielmechanismus das mittels der Steuerspiegel geschafft hat, zielt er immer auf einen Punkt in der inneren Hälfte der Münze und zwar mit höchster Genauigkeit. Wir treffen dann stets Mallorca auf der Zwei-Euro-Münze in 100 Meter Entfernung, während die Satelliten so hin- und herwackeln, dass die Münze sich um drei Zentimeter bewegt!“
GRACE Follow-On führt die erfolgreiche Messreihe der GRACE-Mission (2002-2017) seit Mitte 2018 fort und verwendet dafür die bewährte Mikrowellen-Abstandsmessung der Vorläufermission. Das LRI ist ein Demonstrator, der Technik für künftige Missionen erprobt, nun aber auch gleichzeitig vollwertige Messdaten höchster Genauigkeit liefert. Das LRI bestimmt den Abstandsänderungen zwischen den Satelliten auf Bruchteile eines Nanometers genau; das entspricht etwa einem Atomdurchmesser.
Rätsel um Laserdaten-Sprünge gelöst
„Eine Überraschung in den LRI-Messdaten waren plötzlich auftretende Sprünge in den Laser-Messungen – ein Rätsel das wir mittels unserer Analyse in den vergangenen Monate gelöst haben“, erklärt Dr. Vitali Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Weltrauminterferometrie am AEI. „Wenn die Satelliten einige Male pro Erdumrundung ihre Schubdüsen zur Lageregelung aktivieren, kommt es zu den Sprüngen, die sich leicht in den Messdaten erkennen und korrigieren lassen. Diese Sprünge beinträchtigen die Leistung des LRI nicht.“
Aus dem All das Eis auf der Erde wiegen
„Nur mit Satellitenbeobachtungen aus dem All lässt sich auf der gesamten Erde verfolgen, wie sich Eismassen, Grundwasserspiegel und andere für die Zukunft der Menschheit wichtige Indikatoren des Erdsystems im Laufe der Monate und Jahre verändern“, sagt Prof. Karsten Danzmann, Direktor am AEI Hannover und Direktor des Instituts für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover.
Obgleich das LRI als Demonstrationsexperiment für lediglich ein halbes Jahr funktionieren musste, zeigen sich keinerlei Alterungserscheinungen. Die hochpräzisen LRI-Messungen werden sich also noch lange fortführen lassen. Die LRI-Messdaten des ersten Jahres werden Ende Juli 2019 veröffentlicht, danach auf regelmäßiger Basis. Die Aufzeichnungen der anderen Instrumente sind schon jetzt online verfügbar.