Antrag zur Aufnahme des Einstein-Teleskops auf die ESFRI-Roadmap eingereicht
Eine Presseinformation des Einstein-Teleskop-Konsortiums
Das Einstein-Teleskop (ET), ein bahnbrechendes Gravitationswellen-Observatorium der dritten Generation, soll auf die Roadmap des Strategischen Europäischen Forums für Forschungsinfrastrukturen (ESFRI), die 2021 aktualisiert wird. Der Antrag dazu wurde jetzt eingereicht. Die ESFRI-Roadmap beschreibt die künftigen großen europäischen Forschungsinfrastrukturen. ET ist das ehrgeizigste Projekt für ein zukünftiges Gravitationswellen-Observatorium auf der Erde.
In den letzten fünf Jahren leiteten die herausragenden Entdeckungen von Advanced Virgo (in Italien) und Advanced LIGO (in den USA) die Ära der Gravitationswellen-Astronomie ein. Das Abenteuer begann mit dem ersten direkten Nachweis von Gravitationswellen im September 2015 und wurde im August 2017 fortgesetzt, als Advanced Virgo und Advanced LIGO Gravitationswellen beobachteten, die von zwei verschmelzenden Neutronensternen ausgesendet wurden. Signale dieses Ereignisses wurden gleichzeitig von einer Vielzahl elektromagnetischer Teleskope am Boden und im Weltraum über den gesamten Wellenlängenbereich von Radiowellen bis hin zu Gammastrahlen beobachtet. Dies war der Beginn der Multimessenger-Astronomie mit Gravitationswellen.
Kürzlich beobachteten Advanced Virgo und Advanced LIGO die Verschmelzung zweier stellarer Schwarzer Löcher. Dabei entstand ein Schwarzes Loch, 142 mal so massereich wie unsere Sonne (ein so genanntes mittelschweres Schwarzes Lochs). Damit ist die Existenz solcher bisher unbekannten Objekte in unserem Universum nachgewiesen.
Um das Potenzial dieser neuen Disziplin voll auszuschöpfen, ist eine neue Generation von Observatorien erforderlich. Das Einstein-Teleskop wird es den Wissenschaftler*innen ermöglichen, jede Verschmelzung von zwei mittelschweren Schwarzen Löchern im gesamten Universum nachzuweisen und so zum Verständnis seiner Entwicklung beizutragen. Dies wird neues Licht auf das Dunkle Universum werfen und die Rolle der Dunklen Energie und der Dunklen Materie in Bezug auf die Struktur des Kosmos erhellen. ET wird die Physik der Schwarzen Löcher im Detail erforschen. Dabei handelt es sich um extreme Himmelskörper, die von Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie vorhergesagt werden. Allerdings kommt die Theorie auch aufgrund des extrem starken Gravitationsfeldes der Schwarzen Löcher an ihre Grenzen. ET wird jedes Jahr Tausende von verschmelzenden Neutronensternen aufspüren und damit unser Verständnis des Verhaltens von Materie unter so extremen Bedingungen von Dichte und Druck wie sie in keinem Labor hergestellt werden können, enorm erweitern. Darüber hinaus können wir die Kernphysik erforschen, die die Supernova-Explosionen der Sterne steuert.
Diese anspruchsvollen wissenschaftlichen Ziele erfordern ein neues Observatorium, das in der Lage ist, Gravitationswellen mit einer Empfindlichkeit zu beobachten, die mindestens eine Größenordnung besser ist als die derzeitigen Detektoren der so genannten 2. Generation. Das Einstein-Teleskop mit seiner neuen Infrastruktur wird deutlich verbesserte Technologien verwenden. Die Konzeption von ET wurde durch einen Zuschuss der Europäischen Kommission unterstützt. Nun hat ein Konsortium aus europäischen Ländern und aus Forschungseinrichtungen und Universitäten in Europa offiziell den Vorschlag für die Realisierung einer solchen Infrastruktur eingereicht. Politisch unterstützt wird die Initiative von fünf europäischen Ländern: Belgien, Polen, Spanien und den Niederlanden, unter der Leitung von Italien. Das European Gravitational Observatory (EGO) in Italien ist vorläufig der Hauptansprechpartner für ET. Das ET-Konsortium vereinigt etwa 40 Forschungseinrichtungen und Universitäten in mehreren europäischen Ländern, darunter auch Frankreich, Deutschland, Ungarn, Norwegen, die Schweiz und das Vereinigte Königreich. Das entsprechende Projekt in den USA, Cosmic Explorer, wird hoffentlich ebenfalls realisiert.
Derzeit werden zwei Standorte für die Realisierung des Einstein-Telekops evaluiert: die Euregion Maas-Rhein, an den Grenzen von Belgien, Deutschland und den Niederlanden, und Sardinien, Italien. Diese Standorte werden derzeit untersucht, und eine Entscheidung über den zukünftigen Standort der ET wird innerhalb der nächsten fünf Jahre getroffen werden.