Gravitationswellendetektor zum Anfassen

AEI bei den „Highlights der Physik“ vom 15. bis 18.09.2008 in Halle

15. September 2008
Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, AEI) demonstrieren ab kommenden Montag im Rahmen der „Highlights der Physik“ in Halle (Saale), wie sie mit den modernsten Lasern der Welt Jagd auf Gravitationswellen machen. Unter dem Motto „Ganz schön schwer zu messen“ erklären sie, was uns Gravitationswellen – unvorstellbar kleine Veränderungen der Raum-Zeit – über die dunkle Seite des Universums verraten. Sie zeigen außerdem, wie die erdgebundenen Gravitationswellendetektoren und das geplante Weltraumobservatorium LISA funktionieren. Täglich von 11.00 – 19.00 Uhr (18.09. nur bis 17:00 Uhr), Stand A4 im Ausstellungszelt auf dem Marktplatz in Halle erläutern Dr. Peter Aufmuth und Dr. Oliver Dreissigacker anhand eines Laserinterferometers und einer Wellenmaschine das grundlegende Prinzip der Gravitationswellenmessung. Außerdem haben sie ein Modell der LISA-Satelliten dabei.

Albert Einstein sagte bereits 1916 im Rahmen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie die Existenz von Gravitationswellen voraus – allerdings war er fest davon überzeugt, dass man diese winzigen Veränderungen der Raum-Zeit niemals werde messen können. In diesem Punkt hat er sich wohl geirrt, denn eine internationale Wissenschaftlergemeinschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten hochempfindliche Gravitationswellendetektoren entwickelt, mit denen man die winzigen Längenänderungen wird messen können, die beim Durchgang einer Gravitationswelle entstehen. Eines dieser revolutionären Projekte, der deutsch-britische Gravitationswellendetektor GEO600, steht in der Nähe von Hannover und wird von den Wissenschaftlern des AEI sowie ihren Kollegen aus Cardiff und Glasgow betrieben.

Die direkte Messung von Gravitationswellen wird uns völlig neue Einblicke ins Universum ermöglichen, denn erstmals werden wir Bereiche „sehen“ können, die keiner anderen Beobachtungsmethode zugänglich sind. Da man mit astronomischen Methoden immer in die Vergangenheit schaut, werden wir erstmals bis in die ersten Momente des Universums zurück blicken können und besser verstehen lernen, wie es entstanden ist. Für die bisherigen Beobachtungsmethoden ist bei rund 380.000 Jahren nach dem Urknall Schluss, denn erst von diesem Zeitpunkt an wurde das Universum transparent für elektromagnetische Strahlung, z. B. Röntgen-, Gamma- oder Infrarotstrahlung. Die Gravitationswellenastronomie ist also eine perfekte Ergänzung der bisher existierenden astronomischen Beobachtungsmöglichkeiten. Daher wird diese Forschung derzeit weltweit stark gefördert.

Hintergrundinformationen

Die Messung von Gravitationswellen 

Als geeignete Methode, die winzigen Stauchungen und Dehnungen der Raumzeit beim Durchgang einer Gravitationswelle zu beobachten, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten die Laserinterferometrie herauskristallisiert. Die L-förmigen Michelson-Interferometer benutzen einen Laser, dessen Licht in zwei Strahlen geteilt wird. Diese Laserstrahlen laufen in einem evakuierten Rohr zwischen zwei Spiegeln hin und her. Mit Hilfe der Laserstrahlen wird die Entfernung zwischen den exakt positionierten Spiegeln gemessen. Durchquert eine Gravitationswelle den Detektor, verändert sie die Länge der Messstrecke und damit das Signal am Ausgang des Detektors.

Bei einem heftigen kosmischen Ereignis in der Milchstraße oder einer Nachbargalaxis, rufen Gravitationswellen auf der Erde nur relative Längenänderungen von bestenfalls 10–18 (ein Trillionstel) hervor, typischerweise sogar nur 10–21(ein Trilliardstel), d. h. eine Strecke von einem Kilometer Länge ändert sich nur um ein Tausendstel eines Protonendurchmessers. Dies verdeutlicht die Herausforderung, die ein direkter Gravitationswellennachweis darstellt.

GEO600 und die modernsten Laser der Welt

Die Wissenschaftler des AEI betreiben zusammen mit britischen Kollegen aus Glasgow und Cardiff den Gravitationswellendetektor GEO600 in Ruthe bei Hannover. Das GEO-Projekt genießt aufgrund seiner innovativen und zuverlässigen Technologien weltweit einen exzellenten Ruf und gilt als think tank für die internationale Gravitationswellenforschung. Hier wird die Lasertechnologie perfektioniert: Das GEO600-System verfügt über extrem stabile Laser mit einer dreimal stärkeren Ausgangsleistung als bisher verfügbar. Diese GEO-Laser werden inzwischen auch in den US-amerikanischen LIGO-Detektoren sowie im französisch-italienischen Virgo-Projekt eingesetzt. Entscheiden sich auch die Wissenschaftler des japanischen LCGT Projektes (Large Cryogenic Gravitational Wave Telescope) für dieses System, arbeiten weltweit alle Gravitationswellendetektoren mit GEO-Lasern. Mit der Messgenauigkeit von GEO600 können Neutronensterne bis zu einer Entfernung von 40 Millionen Lichtjahre von der Erde aus beobachtet werden. Der so zugängliche Teil des Universums umfasst mehre Dutzend Galaxien in der Nachbarschaft unserer Milchstraße.

LISA, das Gravitationswellenobservatorium im Weltraum

Das zukunftsweisende Projekt der Gravitationswellenforschung ist LISA (Laser Interferometer Space Antenna), ein Detektor im Weltraum. LISA wird aus drei identischen Satelliten bestehen, die in einer dauerhaften Formation entlang der Erdbahn fliegen. Der Abstand zur Erde beträgt dabei etwa 50 Millionen Kilometer. Die LISA-Satelliten bilden die Eckpunkte eines gleichschenkligen Dreiecks, dessen Seiten aus den jeweils 5 Millionen Kilometer langen Laserarmen des Interferometers gebildet werden. Der Start der LISA-Mission ist für 2018 geplant. LISA wird Gravitationswellen von supermassereichen Schwarzen Löchern im gesamten Universum aufspüren und vielleicht sogar die beim Urknall entstandenen Gravitationswellen „hören“ können – der spektakulärsten Quelle von Schwerkraftwellen überhaupt. Ihre Messung könnte Aufschluss über die Geburt des Universums geben. Zuvor werden mit der ESA-Mission LISA Pathfinder die Schlüsseltechnologien der Mess- und Kontrollsysteme im Weltraum getestet – der Start dieser Mission ist für Anfang 2010 vorgesehen. Am AEI in Hannover wird hierfür die neuartige optische Messtechnik im Herzen des Satelliten entwickelt und getestet.

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