String-Theorie
Die Unvereinbarkeit von lokaler Quantenfeldtheorie, dem theoretischen Rahmen, der sehr erfolgreich die Elementarteilchenphysik, also die Physik auf sehr kleinen Skalen, beschreibt, und der Allgemeinen Relativitätstheorie, die die Grundlage der Kosmologie, also der Physik auf sehr großen Skalen, bildet, ist eines der wichtigsten offenen Probleme der theoretischen Physik. Die String-Theorie ist ein Versuch, dieses Problem zu lösen. Ursprünglich als Theorie der starken Wechselwirkungen formuliert, wurde bald entdeckt, dass die Theorie immer eine masselose Spin-2-Anregung enthält, die als Quant der Gravitationswechselwirkung interpretiert werden kann, als Graviton.
Aber das Graviton ist nicht die einzige Anregung des Strings. Es gibt unendlich viele davon, und die masselosen Anregungen, abgesehen vom Graviton, können z.B. als nicht-abelsche Eichbosonen und masselose Fermionen interpretiert werden. Auf diese Weise erzwingt die String-Theorie die Vereinheitlichung aller Elementarteilchen und aller ihrer Wechselwirkungen. Da sie als Quantentheorie formuliert ist, erreicht sie die Vereinigung von Allgemeiner Relativitätstheorie und Quantentheorie, wenn auch nicht im Rahmen der lokalen Quantenfeldtheorie. Letztere entsteht als effektive Beschreibung der masselosen Anregungsmoden des Strings bei niedriger Energie.
Obwohl es sich nach unserem besten Wissen um eine konsistente Theorie handelt, ist die entscheidende Frage, ob die Natur tatsächlich diese Möglichkeit gewählt hat, um die Quantentheorie mit der Schwerkraft zu vereinigen. Die String-Theorie ist im Einklang mit dem was wir bereits über die Natur wissen, wie etwa der Existenz der Gravitation, aber sie macht auch viele Voraussagen, wie z.B. unendlich viele massive Anregungen oder Korrekturen zu Einsteins Gravitationstheorie. Leider sind zum Testen dieser Vorhersagen Energien erforderlich, die um einige Größenordnungen über dem experimentell Erreichbaren liegen. Die charakteristische Energieskala ist die Planck-Skala, die wesentlich für die Gravitationswechselwirkung ist, und jede alternative Theorie der Quantengravitation sieht sich mit dem gleichen Problem hinsichtlich ihrer Überprüfbarkeit konfrontiert.
Während mit der String-Theorie der Traum von der endgültigen Theorie wahr geworden sein könnte, kann sie auch, ähnlich wie die Quantenfeldtheorie, als Rahmen dienen, in dem viele physikalische Fragen formuliert und beantwortet werden können. Dies ist als AdS/CFT-Korrespondenz bekannt oder allgemeiner als Eich/Gravitations-Dualität oder noch allgemeiner als holographisches Prinzip. Es sagt im Wesentlichen aus, dass eine Feldtheorie ohne Gravitation in einer d-dimensionalen Raumzeit eine alternative (duale) Beschreibung als String-Theorie in d+1 Dimensionen besitzt. Dieser Unterschied in den Dimensionen macht die Dualität holographisch. Dies lässt sich an einigen Beispielen sehr anschaulich zeigen und wird in vielen Bereichen der theoretischen Physik und sogar der Informationstheorie angewendet.
Bei der Bewertung der String-Theorie ist zu berücksichtigen, dass sie zu einer Reihe interessanter Entwicklungen in Physik und Mathematik geführt hat. So hat sie eine herausragende Rolle in der theoretischen und mathematischen Physik der vergangenen 50 Jahre gespielt und wird dies voraussichtlich auch in Zukunft tun. Auch wenn ihre Rolle als Quantentheorie der Gravitation nicht endgültig, d.h. experimentell, bewiesen werden kann, hat sie doch unseren Horizont erheblich erweitert, was die Formulierung und das Studium physikalischer Systeme anbetrifft.